Wer sich in seinem Beruf selbstständig machen möchte, hat die Möglichkeit Freiberufler zu werden und profitiert dabei von einigen Vorteilen, die man als klassischer Gewerbetreibender nicht hat. So muss u.a. kein Gewerbe angemeldet werden, der Gewinn wird in der Steuererklärung ausschließlich anhand der umsetzbaren EÜR ermittelt, es wird keine Gewerbesteuer fällig, die Mitgliedschaft bei der IHK ist nicht erforderlich und die Kleinunternehmerregelung lässt sich für den Start optimal anwenden.
Kurz gefasst: Ein nebenberuflicher Start in die Selbstständigkeit ohne Startkapital ist absolut machbar. Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich in seinem Gebiet bereits auskennt und schneller als Experte anerkannt wird, da die meisten freien Berufe eine akademische Ausbildung im entsprechenden Gebiet voraussetzen. Wer sich beispielsweise als Anwalt selbstständig machen will, muss Jura studiert haben und ist dementsprechend direkt als Experte anerkannt. Damit ist es als Freiberufler etwas leichter, Expertenstatus aufzubauen und entsprechend schnell an Aufträge zu kommen. Aber kann wirklich jeder Freiberufler werden?
Wie schon angedeutet, sind freiberufliche Tätigkeiten klar definiert und setzen eine entsprechende Ausbildung voraus. Eine genaue Übersicht der verschiedenen Bereiche findet man in den Katalogberufen nach § 18 EStG. Dazu gehören u.a. Therapeuten, Ärzte, Anwälte, Notare, Chemiker, Journalisten, Designer oder Schriftsteller. Kurz gesagt: Die Tätigkeit muss in die Oberkategorien Kunst, Wissenschaft, Unterricht oder Erziehung fallen. Im Zweifel hilft auch eine Rücksprache mit dem Finanzamt oder einem Steuerberater.
Info: Die folgenden Tipps können auch relevant sein, wenn man nicht unbedingt Freiberufler werden möchte und sich ein anderes Business aufbaut.
1. Nebenberuflich starten
Ein nebenberuflicher Start ist grundsätzlich immer zu empfehlen. Denn je länger man nicht von seiner Selbstständigkeit leben muss, desto mehr Kapital kann reinvestiert werden. Dadurch wird das Wachstum beschleunigt und man kommt deutlich schneller voran (ähnlich wie beim Zinseszinseffekt). Auf der anderen Seite hat man die Sicherheit eines festen Einkommens und steht bei geschäftlichen Entscheidungen nicht unter finanziellem Druck. Kurz gesagt: Das Geschäft kann sich organisch entwickeln und langfristig wirklich erfolgreich werden.
In der Praxis bedeutet das erstmal, seinen Arbeitgeber über das Vorhaben zu informieren. Dabei sollte man auf jeden Fall erklären, dass es sich erstmal nur um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt und die aktuelle Arbeitsleistung im Job nicht beeinträchtigt wird. Falls man aktuell in einem Dienstleistungsunternehmen arbeitet (z.B. Agentur), sollte man natürlich keine Kunden abwerben und so den Arbeitgeber gegen sich aufbringen. Das könnte unter Umständen sogar rechtswidrig sein.
Merke: Nicht direkt ins Unternehmertum stürzen, sondern nebenberuflich starten und organisch wachsen.
2. Freiberuf oder Gewerbe
Die Vorteile eines Freiberuflers wurden bereits erwähnt, aber möchte man überhaupt Freiberufler sein? Bevor man loslegt, sollte man sich nochmal überlegen, was man langfristig erreichen möchte. Als Freiberufler ist das Einkommen grundsätzlich von investierter Arbeitszeit und der eigenen Person abhängig. Das heißt, als Freiberufler kann man seine Tätigkeit nicht an einen Geschäftsführer abgeben oder das Unternehmen an Investoren verkaufen. Damit ist auch ein passives Einkommen nicht möglich.
Die Voraussetzung für den Start als Freiberufler ist also, dass man seine Tätigkeit wirklich leidenschaftlich ausübt und sich genau in diesem Bereich selbstständig machen möchte. Wem es grundsätzlich um die Selbstständigkeit oder Unternehmertum geht, sollte auch andere Geschäftsmodelle in Betracht ziehen, die ggf. als Gewerbe angemeldet werden müssen (E-Commerce, digitale Produkte, Coachings, Seminare etc.). Falls sich aus der Freiberuflichkeit heraus ein Geschäftsmodell entwickelt, kann man natürlich immer noch ein Gewerbe anmelden.
Merke: Langfristige Ziele bedenken und sich die Vor- und Nachteile eines Gewerbes bzw. Freiberufs vor Augen führen.
3. Jahresplanung aufstellen
Diese Situation kennt vermutlich jeder: Man hat eine große Idee, startet motiviert und nach wenigen Tagen geht die Motivation wieder verloren. Das passiert besonders dann, wenn man sich von großen Zielen und Visionen motivieren lässt, ohne sich mit den kleineren Aufgaben und Routinen auf dem Weg dorthin zu beschäftigen. Eine Jahresplanung mit messbaren Zielen, die wiederum in kleinere Zwischenziele, Aufgaben und tägliche Routinen heruntergebrochen werden, ist daher das A und O für jede angehende Selbstständigkeit. Für diesen Plan muss man sich zwar 1-2 Tage Zeit nehmen, erhält aber im Gegenzug eine genaue Anleitung, an die man sich im Laufe des Jahres nur noch halten muss.
Dieses Vorgehen gilt nicht nur für den nebenberuflichen Start, sondern sollte den Start jedes Jahres bzw. Quartals bilden. Als Selbstständiger ist man selbst verantwortlich für seine Zeiteinteilung, seine Deadlines und To-dos, sodass eine strukturierte Planung unerlässlich wird. Das folgende Vorgehen zeigt eine einfache Methode, mit der sich große Ziele aus allen Lebensbereichen in ihre Bestandteile auflösen lassen.
- Zwei bis drei große, messbare Jahresziele notieren.
Beispiel: Ich werde 2.000 € Netto/Monat verdienen.
- Wie erreiche ich dieses Ziel (für jedes Ziel beantworten)?
Durch ein festes Auftragsverhältnis mit drei Kunden.
- Was muss ich dafür tun (bezieht sich auf Punkt 2)?
Die Aufmerksamkeit der Auftraggeber auf mich lenken.
- Was kann ich dafür tun (bezieht sich auf Punkt 3)?
Mich als Experte in meinem Bereich positionieren.
- Wie kann ich das erreichen?
Content-Marketing auf YouTube.
- Mögliches Zwischenziel festlegen
Bis zum 2. Quartal 300 Abonnenten
- Was muss ich dafür tun?
- Kanal erstellen
- Marktrecherche
- Content plan
- Videoschnitt
- SEO & Ads
Mit dieser Methode können große Ziele auf ihre leicht umsetzbaren Bestandteile heruntergebrochen werden. Nach Schritt 7 hat man plötzlich eine Reihe von klaren To-dos, die sich direkt umsetzen lassen und einen zum Jahresziel führen werden. Diese Schritte werden immer dann ausgeführt, wenn man vor einer größeren Aufgabe steht und nicht wirklich weiter weiß. Alles lässt sich in kleine Bestandteile auflösen, von denen immer mind. einer direkt umgesetzt werden kann.